WIRTSCHAFTSSPIEGEL – Ausgabe 2/2023

Digitalisierung und Datensicherheit 18 Foto: MooseD - stock.adobe.com Manchmal kommt man sich vor wie beim Bullshit-Bingo. Wenn von Digitalisierung die Rede ist, fallen Schlagwörter ohne Ende. Immer wieder hört oder liest man vom Segen der digitalen Plattform-Ökonomie. Aber was ist das wirklich? Louise Meier hat ihre Masterarbeit zu diesem Thema im Fachgebiet Wirtschaftstheorie an der Technischen Universität Ilmenau geschrieben. In ihrem Fachbeitrag bringt sie Licht ins Dunkel. Sind digitale Plattformen Chance für den Thüringer Mittelstand? Plattformökonomie Plattformmärkte gelten als erfolgsversprechendes Geschäftsmodell der Digitalisierung. Dabei wird die digitale Plattform gern als Sammelbegriff für allerlei digitale Geschäftsmodelle aufgeführt. Doch ist jedes digitale Geschäftsmodell gleichzeitig eine digitale Plattform? Warum der inflationäre Gebrauch des Wortes enden sollte, und warum es für das eigene Geschäftsgebaren wichtig ist, zu verstehen, was sich wirklich hinter dem Begriff verbirgt. Ein Erklärungsversuch. Das perfekte Geschäftsmodell? Es klingt nach dem perfekten Geschäftsmodell: Ich kenne zwei Marktseiten in meiner Region, die ich durch meine digitale Plattform zusammenbringe. Die Marktseiten kommunizieren, tauschen Dienstleistungen und Waren aus. Ich profitiere als Plattform-Unternehmen durch Transaktions- und Servicegebühren, ohne je eigene Waren vorzuhalten, maximiere meine Gewinne durch Transaktionen der beiden Marktseiten, und dies sogar mit stetig sinkenden Grenzkosten, die irgendwann bei null liegen. Die Sache kann jedoch auch einen Haken haben: nämlich, wenn solch eine Plattform bereits existiert. Denn Plattformmärkte, auch „zwei- oder mehrseitige Märkte“, unterscheiden sich in ihrer Funktion grundlegend von klassischen („einseitigen“) Märkten, und verschieben auf diese Weise bekannte Angebots- und Nachfragemodelle, Machtverhältnisse und Wertschöpfungsanteile. Wenn das eigene Geschäftsmodell auf einer Plattform basiert, ist es also ratsam, die Wirkungsprinzipien von Plattformen zu verstehen, da diese den Erfolg einer Plattform bestimmen – oder eben den Misserfolg. Was ist eine digitale Plattform? Eine digitale Plattform ist ein Vermittler in einem zwei- oder mehrseitigen Markt. Sie verknüpft zwei oder mehrere unterschiedliche Akteursgruppen (Kunden, Lieferanten, Nutzer, Dienstleister). Die Plattform stellt eine offene Infrastruktur zur Verfügung und bestimmt die Regeln für den Austausch. Die Akteursgruppen profitieren jeweils von der Größe der anderen Gruppe/n. Durch die Verbreitung des Internets erlebte das Geschäftsmodell der digitalen Plattformen im B2C-Bereich einen enormen Zuwachs. Die wichtigsten Plattformen kennt fast jeder: YouTube, eBay oder Amazon. Eine digitale Plattform bildet also die Basis für den Austausch von Leistungen zwischen mehreren Akteursgruppen. Die Betreiber der Plattform stellen die digitale Infrastruktur für diesen Austausch bereit, ohne eigene Leistungen anzubieten. In der Regel dient die Plattform dazu, Austauschprozesse zu strukturieren, koordinieren und automatisieren. Eine erfolgreiche Plattform perfektioniert diese

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