WIRTSCHAFTSSPIEGEL – Ausgabe 2/2023

Prof. Dr. Andreas Tünnermann Andreas Tünnermann leitet seit 2003 das Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena und ist seit 2009 Mitglied des Direktoriums des Helmholtz-Instituts Jena und des Abbe Centers of Photonics. 17 Kommunikation auf das Know-how und den innovativen Ideenreichtum der Forschenden aus Jena. Unter Leitung des Fraunhofer IOF wird hier etwa die Initiative QuNET, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 125 Millionen Euro gefördertes Pilotprojekt zur Erforschung der Quantenkommunikation für den Einsatz in Behörden, vorangetrieben. Weitere Forschungsprojekte unter Förderung der Europäischen Union greifen nach den Sternen und widmen sich dem Austausch von Quantenschlüsseln via Satelliten, um langfristig auch europäische Kommunikationsnetze gegen Angriffe von außen schützen zu können. Um die Forschung in dieser Richtung weiter auszubauen, wird das neuste Forschungsgebäude des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF sogar über eine optische Bodenstation verfügen, gefördert vom Land Thüringen. Mit diesen und weiteren Investitionen setzt die Politik immer wieder wichtige Impulse, die nicht nur der enormen Bedeutung der Quantentechnologien Tribut zollen, sondern auch dem Zukunftscharakter des Wissenschaftsstandortes Thüringen. Jenaer Forschende erzielen Rekordwerte in der Quantenkommunikation Mit ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeit erzielen Forschende aus Jena dabei immer wieder Rekordwerte: Auf einer Teststrecke zwischen dem Fraunhofer-Institut auf dem Beutenberg und den Stadtwerken Jena wurden über eine Distanz von 1,7 Kilometern Luftlinie bereits erfolgreich Quantenschlüssel mit Schlüsselgenerierungsraten im Bereich von mehreren Kilobit pro Sekunde ausgetauscht. Für den Austausch eines Quantenschlüssels via Freistrahl innerhalb eines urbanen Gebiets gehört diese Generierungsrate weltweit zu den höchsten. Sie würde ausreichen, um ein Telefonat innerhalb einer Stadt problemlos hochsicher zu verschlüsseln. Noch größere Distanzen überbrückten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im vergangenen Jahr als erstmals erfolgreich Quantenschlüssel via Glasfaser über eine Strecke von 75 Kilometern zwischen Jena und Erfurt ausgetauscht wurden. Der Clou dabei: Die Übertragung erfolgte über konventionelle Telekommunikationsglasfaser. Ein weiterer Ausbau der Teststrecke ist um Netzwerkpunkte in Nordhausen, Dresden, Erlangen, Frankfurt und München geplant. Gemeinsam die technologische Souveränität Europas stärken Kurzum: Forschende an Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind maßgeblich daran beteiligt, die zweite Quantenrevolution mitzugestalten. Ausgründungen wie etwa die Quantum Optics Jena GmbH, ein Spinoff des Fraunhofer IOF, tragen weiterhin dazu bei, Forschung vom Labor raus in die reale Anwendung zu überführen (siehe Beitrag Seite 12). Doch ohne weiteren politischen Willen und ein gemeinsames Engagement von Wissenschaft und Wirtschaft geht es nicht. Der Paradigmenwechsel hin zu den Quantentechnologien bietet dabei auch für uns als Gesellschaft, speziell als europäische Gemeinschaft, eine Chance für ein stärkeres Zusammenwachsen. Durch eine aktivere europäische Industriepolitik kann es uns gelingen, uns als Wirtschaft und Gesellschaft global zu emanzipieren. Denn tatsächlich nützt es uns wenig, Methoden zur hochsicheren Verschlüsselung in Europa zu erforschen, wenn Bauteile für elektronische Geräte wie Computer und Smartphones nach wie vor im außereuropäischen Ausland eingekauft werden müssen. Wir können noch so effektiv verschlüsseln, jedoch wird jede hochsichere Kryptographie kompromittiert, wenn sich in jeder Computerhardware ein Hintertürchen versteckt. IT-Sicherheit ist eine europäische Aufgabe, für die wir gemeinsame Verantwortung übernehmen müssen. Die Quantentechnologien bieten uns hier den Startschuss für ein neues Zeitalter – technologisch wie auch gesellschaftlich. (at) Foto: VWT Quantenforschung in Thüringen: Das sind die Akteure Abbe Center of Photonics an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Technische Universität Ilmenau DLR-Institut für Datenwissenschaften Jena Helmholtz-Institut Jena Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) Jena Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF Jena Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT Ilmenau Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung Ilmenau Institutsteil für angewandte Systemtechnik (IOSB-AST) IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik- Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH) Fraunhofer-Projektzentrum für Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin Erfurt CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH Erfurt

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