WIRTSCHAFTSSPIEGEL – Ausgabe 2/2023

Zukunftstechnologien 14 neue Form von Lichtquellen ein viel größeres Marktpotenzial hat. Seit den 1990er Jahren arbeiten viele Forschungsgruppen an Konzepten, mit diesen Lichtquellen abhörsichere symmetrische Schlüssel für die Verschlüsselung von Daten zu entwickeln. Häufig findet man diese Lösungen unter dem Schlagwort Quantenschlüsselverteilung – im englischen Quantum Key Distribution – kurz QKD. Die Idee dahinter ist, dass man einzelne Lichtteilchen nicht ohne die Störung des Quantenzustands analysieren oder abhören kann und somit eine Methode zur Verfügung hat, die die Sicherheit der Datenübertragung auf das Fundament von physikalischen Gesetzen stellt. Mathematische Funktionen zur Erzeugung oder Verteilung dieses Schlüsselmaterials sind nicht mehr notwendig. Für die IT-Sicherheit stellt dies eine Revolution dar. In unseren Systemen erzeugen wir verschränkte Photonen und senden diese dann über Glasfasern an die Kommunikationspartner. Die Eigenschaften der Lichtteilchen werden dort gemessen. Das Spannende ist, das beide Teilchen miteinander verschränkt sind und quasi ein gemeinsames „Geheimnis“ teilen. Dieses können wir in Nullen und Einsen umwandeln und für die Erzeugung eines geheimen Schlüssels verwenden. Wird das Lichtteilchen vorher von einer dritten Partei gemessen, steht es nicht mehr für die Erzeugung des Schlüssels zur Verfügung, da nur gleichzeitige Messungen genutzt werden. Das Kopieren von Quantenzuständen ist auch nicht möglich, da sich diese nicht klonen lassen. Die damit erzeugten Schlüssel werden im Anschluss für die Verschlüsselung der eigentlichen Kommunikation, also beispielweise die Absicherung einer VPN-Verbindung, eingesetzt und können kontinuierlich erneuert werden. Da selbst die Erzeugung des Schlüsselmaterials durch spontane quantenphysikalische Prozesse erfolgt, sind mathematische Verfahren zum Knacken des Schlüssels ausgeschlossen. Ein Angreifer hat daher nur die Möglichkeit diesen Schlüssel zu erraten. Für einen 256 Bit Schlüssel würde dies weit über jede menschliche Lebensspanne hinausgehen. Wer macht das noch auf der Welt? In den letzten Jahren haben sich vor allem in Asien, allen voran China, Hersteller von QKD-Lösungen angesiedelt und Lösungen implementiert. Der Markt ist allerdings auch durch eine Vielzahl von technologischen Lösungen geprägt, wobei sich bisher keine Idee marktseitig durchsetzen konnte. Die verschränkungsbasierte Quantenschlüsselverteilung nimmt dabei eine Sonderstellung ein. Aktuell ist unser Unternehmen weltweit das einzige mit einem kommerziellen ganzheitlichen Produkt, das heißt von der Photonenquelle, den entsprechenden Quantenzustandsanalysatoren und einer eigenen Software. Als Geschäftsführer ist man an dieser Stelle schon sehr stolz auf das gesamte Team. So eine DeepTech Lösung aus dem kleinen Land Thüringen. Sie haben die „Quanten-Community“ angesprochen. Wie sieht es mit der Kooperation unter den Akteuren aus? Gerade die Kooperation mit lokalen Akteuren liegt uns am Herzen, da dies zum einen kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten verspricht. Zum anderen sichert es langfristig auch die Innovationsfähigkeit der Region und letztendlich Arbeitsplätze und Wohlstand. Wir sehen uns als Mitgestalter und Pioniere der zweiten Quantenrevolution. Für uns stehen in den nächsten Monaten aber auch einige spannende Projekte auf der Agenda. Gemeinsam mit der Hochschule Nordhausen wollen wir beispielsweise einen Gesundheitskiosk im ländlichen Raum mit einem abhörsicheren Kommunikationssystem ausstatten. Damit sollen Informationen sicher zum Universitätsklinikum nach Jena gesendet werden. Mit dem Team des FraunhoferInstituts für Angewandte Optik und Feinmechanik arbeiten wir aktuell an einer Weltraummission zur Verteilung von Quantenschlüsseln über eine optische Satellitenverbindung. Ziel ist es, in den kommenden Jahren die notwendigen Technologien für eine derartige Mission zu entwickeln und letztendlich auch in den Orbit zu bringen. Neben den regionalen Aktivitäten ist derzeit der Aufbau des einer europäischen Quantenkommunikationsinfrastruktur ein sehr spannendes Thema. Hier soll bis 2027 eine funktionfähige Infrastruktur über ganz Europa aufgebaut werden. Wir hoffen natürlich, dass dabei viele Systeme aus Thüringen ihren Einsatz finden. Interview: Torsten Laudien Quantum Optics Jena GmbH Das Team der Quantum Optics Jena GmbH beim Aufbau eines Systems für die Quantenschlüsselverteilung

RkJQdWJsaXNoZXIy NDE3NTI=