WIRTSCHAFTSSPIEGEL – Ausgabe 2/2023

Dr. Kevin Füchsel 13 Fangen wir mal ganz von vorn an, Herr Dr. Füchsel. Was sind Quantentechnologien? Eine fundamentale Hypothese zum Verständnis der Physik auf atomarer Ebene wurde im Jahr 1900 von Max Planck aufgestellt. Diese besagt, dass die Absorption und die Emission, also das Abstrahlen von Licht durch Atome nur mit definierten Portionen (Quanten) beziehungsweise Energien erfolgen kann. In den Naturwissenschaften beschreibt ein Quant also abstrakt gesprochen ein Objekt oder ein Teilchen mit einem diskreten Wert einer physikalischen Größe. In den darauffolgenden Jahren führten die Arbeiten von Planck und weiteren WissenschaftlerInnen zu einem völlig neuen Zweig der Physik, welcher heute als Quantenmechanik bezeichnet wird. Interessant ist dabei, dass im atomaren Bereich Phänomene beobachtet und beschrieben wurden, welche nur schwer mit unseren Alltagserfahrungen vereinbar sind. So konnte Werner Heisenberg zeigen, dass es nicht möglich ist, die Position und den Impuls eines Teilchens gleichzeitig exakt zu messen. Noch spukhafter wurde die Quantenphysik durch grundlegende Arbeiten von Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen, welche 1935 das Prinzip der Quantenverschränkung beschrieben. Dabei sind zwei Teilchen so miteinander verbunden, dass sie sich gegenseitig beeinflussen, unabhängig von der Entfernung zwischen ihnen. Die theoretischen Arbeiten des 19. Jahrhunderts bildeten die Grundlage für eine Vielzahl von Experimenten und Untersuchungen. Neben Nobelpreisen für Max Planck, Albert Einstein, Werner Heisenberg oder Erwin Schrödinger für ihre theoretischen Arbeiten Anfang des 19. Jahrhunderts wurden erst im vergangenen Jahr die Physiker Alain Aspekt, John Clauser und Anton Zeilinger für ihre Experimente mit verschränkten Photonen und Quanteninformationswissenschaften ausgezeichnet. Die Quantentechnologien – sprich die Nutzung von physikalischen Effekten und Gesetzen auf atomarer Ebene – ist in den vergangenen Jahren so spannend geworden, da wir erst heute die technologischen Werkzeuge zur Verfügung haben, um einzelne Teilchen zu erzeugen, zu manipulieren und für neuartige Lösungen zu nutzen. Die Entwicklung des Lasers oder der Leuchtdiode war der erste Schritt in diese Richtung und wird oft als erste Quantenrevolution bezeichnet. Dabei nutzen wir erstmals Quanteneffekte gezielt aus. Die nächste Stufe dieser Entwicklung ist nun die Erzeugung, Manipulation und Detektion von einzelnen Photonen oder Atomen in kommerziellen Produkten. In der Forschungsgemeinschaft spricht man daher häufig von der zweiten Quantenrevolution. Wo liegen die Thüringer Forschungsansätze? Generell lassen sich die Entwicklungen der Quantentechnologien in drei Bereiche gliedern – Quantencomputer, Quantenkommunikation und Quantensensorik. Rückblickend lässt sich sagen, dass die Thüringer Akteure, gerade aus Wissenschaft und Politik, bereits vor einigen Jahren die richtigen Weichen für die Entwicklung eines Quanten-Ökosystems in Thüringen gestellt haben. Die enge Vernetzung von photonischen Technologien mit der Quantenphysik ist sicherlich ein Grund dafür. Ohne den Mut für neue Förderformate und die Bereitschaft in dieses Feld einzusteigen, wären wir aktuell aber nicht so gut positioniert. Heute finden sich für alle Schwerpunktthemen der Quantentechnologien Forschungsbeispiele und Projekte in Thüringen. Sei es die Ent- wicklung von photonischen Quantencomputern, Entwicklungsarbeiten in der Quantensensorik mit neuen bildgebenden Verfahren oder die Entwicklung von hochsicheren Kommunikationslösungen auf Basis von Lichtquanten. Die „Quanten-Community“ ist davon überzeugt, dass sich Lösungen mit einem „Quanten-Mehrwert“ zukünftig in vielen Produktkategorien finden werden und sich diese dann letztendlich mittel- und langfristig durchsetzen werden. Vielleicht nicht mit der erhofften Schnelligkeit, aber vermutlich mit größeren Veränderungen als wir es derzeit erwarten. Als Spezialist in der Quantenkommunikation: Was erforschen Sie? Wir haben die Quantum Optics Jena GmbH vor etwas mehr als zwei Jahren mit der Idee gegründet, verschränkte Photonenquellen zu entwickeln und zu kommerzialisieren. Allerdings wurde uns sehr schnell klar, dass diese Bitte lesen Sie weiter auf Seite 14 Dr. Kevin Füchsel gründete gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Oliver de Vries im Jahr 2021 das Unternehmen Quantum Optics Jena aus dem Fraunhofer IOF aus. Quantum Optics Jena GmbH (S. 12, S. 13) Was sind Quanten? Die Welt ist eine Quantenwelt. Soll heißen: Alles besteht aus Quanten, sofern man hinreichend kleine Systeme anschaut. Denn Quanten sind die kleinsten und unteilbare Einheiten, die physikalische Wechselwirkungen hervorrufen. Indem sie ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen, weisen Quanten Eigenschaften auf, die größere physikalische Systeme nicht haben. Diese besonderen Eigenschaften machen Forscherinnen und Forscher in verschiedensten Anwendungsfeldern nutzbar. (Quelle: Fraunhofer IOF)

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